
Leitartikel
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute bestätigten die angespannte Lage. Die deutschen Bürgschaftsbanken einmal mehr als wichtige Stabilisatoren. Trotz einer schwachen Kreditnachfrage und starker Investitionszurückhaltung haben sie im Jahr 2024 rund 4.468 Unternehmen mit Bürgschaften und Garantien unterstützt
Mittelstand zwischen Stillstand und strukturellem Wandel
Das Jahr 2024 stellte den deutschen Mittelstand vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen. Nach dem bereits schwachen Vorjahr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt laut Statistischem Bundesamt um weitere 0,2 %. Deutschland rutschte damit in eine technische Rezession. Besonders betroffen waren das Verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe, in denen viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tätig sind.
Gedämpfte Erwartungen und strukturelle Probleme
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute bestätigten die angespannte Lage. Das ifo Institut prognostizierte für 2024 ein BIP-Minus von 0,1 % und bezeichnete die deutsche Wirtschaft als „wie gelähmt“. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sprach von einer „anhaltenden Stagnation“. Ursachen waren neben globalen Unsicherheiten vor allem strukturelle Probleme: hohe Energiekosten, anhaltender Fachkräftemangel, Investitionsstau und zunehmende Regulierung.
Schon in der IW-Konjunkturumfrage vom Frühjahr 2024 bewerteten nur 18 % der befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als besser als im Vorjahr – 39 % berichteten von einer Verschlechterung. Besonders zurückhaltend zeigte sich der industrielle Mittelstand, der unter gestiegenen Rohstoffpreisen, schwacher Nachfrage und geopolitischer Unsicherheit litt.
Investitions- und Finanzierungszurückhaltung: Zwei Perspektiven
Die wirtschaftliche Unsicherheit wirkte sich unmittelbar auf die Investitionsneigung der KMU aus. Laut KfW-Mittelstandspanel sank die Investitionsquote auf den niedrigsten Stand seit 2016. Viele Unternehmen verschoben oder stornierten geplante Projekte – aus Sorge vor weiter steigenden Kosten und fehlender Planungssicherheit.
Zugleich zeigte sich eine zunehmende Zurückhaltung aufseiten der Banken. Verschärfte Eigenkapitalanforderungen, steigende Kreditausfallrisiken und ein volatiles Zinsumfeld führten zu einer restriktiveren Kreditvergabe. Der ifo-Kreditklimaindex wies 2024 einen Anstieg der abgelehnten Kreditgesuche kleiner Unternehmen auf 28 % aus – den höchsten Wert seit der Finanzkrise 2009. Diese Entwicklung traf vor allem junge, wachstumsorientierte Unternehmen sowie Betriebe mit Investitionsbedarf im Bereich Transformation und Digitalisierung.
Besonderes Augenmerk lag auf Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen: 2.754 Bürgschaften wurden dafür ausgereicht, über die Hälfte davon für Nachfolgen. Besonders gefragt war die Bürgschaftsförderung im Handwerk und im Dienstleistungsbereich. Durch die unterstützten Unternehmen konnten über 60.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden.
Ausblick 2025: Verhaltener Optimismus
Die Aussichten für 2025 bleiben verhalten. Die führenden Institute prognostizieren nur leichtes Wachstum – das ifo Institut rechnet mit +0,2 %, das IMK mit +0,1 %. Zwar zeigen einzelne Indikatoren – etwa bei Auftragseingängen und Exporten – leichte Erholungstendenzen, jedoch bleibt die Investitionsdynamik gering, solange keine verlässlichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Die zentrale Herausforderung bleibt: Die deutsche Wirtschaft muss sich strukturell erneuern, während viele KMU mit kurzfristigem Überlebensdruck kämpfen. Programme wie InvestEU und die Beteiligungs- und Bürgschaftsangebote der Mittelstandsfinanzierer werden daher auch 2025 entscheidend sein, um Liquidität zu sichern, Investitionen zu ermöglichen und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Der Mittelstand bleibt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – seine Anpassungsfähigkeit, Innovationskraft und Resilienz werden darüber entscheiden, wie robust der Aufschwung im kommenden Jahr ausfallen kann.